China kopiert sich selbst

Der Druckfehler deutet auf eine Fälschung hin. Vermutlich ist die Mütze aus reiner Baumwolle.

Der Druckfehler deutet auf eine Fälschung hin. Vermutlich ist die Mütze aus reiner Baumwolle.

An dieser Stelle sei von einem Sack Reis berichtet, der in China umgefallen ist. Dass ebenjenes Land die Fabrik der Welt ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Und wo gehobelt wird, da fliegen die Plastikspäne. Im Reich der Mitte werden Perlmutter, Bambus, Keramik und Elfenbein in kunstfertiger Vollendung (vollendeter Kunstfertigkeit) – selbstverständlich von (Kinder)Hand – geschnitzt, erhitzt und geritzt. Diesen Materialien in nichts nachstehend, werden in den zahllosen Manufakturen des Landes mit der gleichen Hingabe Polyester, Polyacryl, Polygamie und Polyamid zu hauchzarten Fäden versponnen und zum Beispiel zu einer Mütze aus reiner Schafschurwolle verarbeitet. Ein ausgezeichneter Wärmespender, sogar in eisig kalten schweizerischen Wintern. Die sind allerdings auch nicht mehr das, was sie vor dem Ersten Weltkrieg einmal waren.

Wenn dann die Baumwollmütze aus garantiertem Kunststoff wohlig auf dem Kopf juckt, ist man bald geneigt, sie zusammen mit einer grosszügig gefüllten Tasse Weichspüler der Note Apfelblüten in die Waschmaschine zu legen. Nach der Wäsche entnimmt man die Mütze der Maschine, sie sieht nun aus wie Teer, ist handlich wie ein Klümpchen Teer – und riecht wie Teer, angereichert mit einer Erinnerung an Apfelblüten.

Doch darum geht es hier nicht. Vielmehr geht es um das Phänomen des «Links Waschens». Denn noch bevor die Mütze aus hundert Prozent künstlich hergestellter Seide in der Waschmaschine landet, wird sie umgestülpt, und da bleibt das pingelige Texterauge an der Waschanleitung haften. Dort steht Schwarz auf Polyethylen: «Made in Chian». Aha, da haben wir’s: Ich möchte wetten, das ist eine Fälschung. Vermutlich aus Asien, eventuell aber auch aus einem anderen Land.

 

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