Das nächste grosse Geschäft: S(h)itting Media

Sie glauben, Sie hätten schon alles? Vergessen Sie es. Vergessen Sie alles, was Sie bisher glaubten. Denn haben Sie auch das neue Dusch-WC aQwell und die dazugehörige App iStuhl? Sehen Sie. Es gibt Dinge, von denen wussten Sie gar nicht, dass Sie sie brauchen. Das ändert sich nun.

Endlich verbindet sich das Smartphone mit dem WC.

Endlich verbindet sich das Smartphone mit dem WC.

Das Internet der Dinge kommt so schnell wie die Deadline für den Texter. Oder, aus aktuellem Schreib-Anlass: so schnell, wie die Diarrhö nach dem Konsum eines seit einer Woche sonnengebräunten Tiramisus. Das Internet der Dinge bedeutet, dass wir kurz vor dem Aufprall in den Baum noch schnell aus und mit dem Auto twittern: «Mein allerletzter Tweet. #Jetzt. Garantiert.» Wobei nicht einmal dieser letzte Tweet wirklich garantiert ist, denn mittlerweile gibt es mit liveson.org einen Webservice, der zumindest in sozialmedialer Hinsicht den Tod überwunden hat und uns ermöglicht, die Menschheit selbst nach dem eigenen Ableben unbeirrt weiter mit Tweets à gogo zu versorgen.

Kurz zusammengefasst, bedeutet das Internet der Dinge: Noch das letzte an sich stumpfsinnige Gerät wird mit dem Internet und den Sozialen Medien verbunden, lässt sich mit dem Smartphone, Tablet oder PC bedienen und wird dadurch intelligent. Und wenn nicht intelligent, dann doch zumindest hip. Geht mir der Erdbeerjoghurt aus, bestellt der Kühlschrank frischen nach. Egal, ob ich den Joghurt mag oder nicht. Selber schuld, wenn es ein Gast war, der ihn reingestellt hat. Hauptsache, das Internet der Dinge hat mir das Denken abgenommen. Einigen Geräten, die an der diesjährigen CES in Las Vegas als «smart» vorgestellt wurden, widmete sich zum Beispiel die Zeit in einem lesenswerten Artikel sowie der Blick. Eine Zahnbürste ist ebenso dabei wie ein Herd mit Android-Anbindung. Spiegel Online berichtete gar von einem Kühlschrank, der Spam-Mails verschickte. Dass nichts, aber auch gar nichts vom Internet-der-Dinge-Wahn ausgenommen sein wird, das lässt sich heute erst erahnen. Die Socke, die via App bedient wird, ist auch schon auf dem Markt. Früher hätte man das wohl einfach Fussfessel genannt. Dabei ist das Ganze nicht bloss harmlose Spielerei, wie Constantin Seibt in seinem Artikel «Die Auslöschung der Freiheit» im Tages-Anzeiger treffend aufzeigt.

Das Internet der Dinge erreicht das Hinter(n)letzte

Und jetzt also das: Das Internet der Dinge erreicht das Hinter(n)letzte – das Klosett. Zum ersten Mal werden Sie mit Ihrem WC eine über den realen Körperkontakt hinaus reichende hautenge Liaison eingehen. Das neue Dusch-WC aQwell verspricht in Verbindung mit der App iStuhl das nächste Muss-ich-haben-Teil der Stunde zu werden.

Die App iStuhl

Die App iStuhl: Dank ihr wird das stille zum sozialen Örtchen.

iStuhl bietet in jeder Hinsicht Mehrwert. Es ist die kompakte Wurst unter all den, wie soll man sagen, beschissenen Apps in den Android- und iStores dieser Welt. Wir geben ihm drei von vier möglichen Klopapier-Lagen. Denn es ist verblüffend, was es alles kann.

Zuerst einmal lässt sich mit der App via iPad oder iPhone die Temperatur des Wassers regeln, das Ihren Hintern nach getaner Druckarbeit gründlich reinigt. Das Aufspringen von der Schüssel mit dem Aufschrei «Iiiih, das Wasser ist zu kalt!» und das damit einhergehende unkontrollierte Herumspritzen des Powischwassers (Achtung: Wegen des giftigen Frostschutzmittels kein handelsübliches Winter-Scheibenwischwasser verwenden) im Badezimmer gehören damit endgültig der Vergangenheit an.

iStuhl verwöhnt Ihre Haut mit der idealen Potrocknungstemperatur. Wer viel Rad fährt und über Sitzleder, das an Elefantenhaut gemahnt, verfügt, stellt den Föhn etwas heisser ein und darf sich schneller wieder vom Thron erheben. Prinzessinnen mit der Haut einer frisch geborenen kanadischen Sphynx-Katze dagegen, denen schon das Schlafen auf Erbsen Mühe bereitet, wählen eine entsprechend tiefere Temperatur. Dichter Haarbewuchs (lat. anus hypertrichosis) nach Art des Bibers hinten untenrum kann eine höhere Föhn-Temperatur und/oder eine längere Trockenzeit erfordern.

iStuhl wärmt den Sitzring vor. Sie sitzen auf Ihrem aQwell wie auf dem wohl temperierten Klavier, nur dass auf dieser Tastatur nicht nur schwarze und weisse, sondern auch sämtliche Brauntöne bespielt werden.

Selbstverständlich fährt dank iStuhl der Duscharm genau in die richtige Position, also abgestimmt auf Ihre Person. So trifft der Wasserstrahl nie mehr in ein Nasenloch, sondern, Sie wissen schon, punktgenau in das andere, in dasjenige, das nicht zur Nase gehört.

Anonyme Analyse von Wirtschafts- und Stuhlgang

Wir sind erst bei den Grundfunktionen von iStuhl angelangt. Für jedes Familienmitglied lässt sich die exakte Dosierung des Strahls einstellen. Über iStuhl geben Sie ein, was Sie gegessen haben, worauf die App – selbstständig! Vollautomatisch! – den Wasserstrahl auf die zu erwartende Konsistenz und Menge des Ausgangsprodukts abstimmt. Mit der Kamerafunktion überprüft man das Ergebnis. Wer den Allgemeinen Dickes-Geschäft-Bedingungen von iStuhl zustimmt, erklärt sich damit einverstanden, dass das Ergebnis jeder Sitzung automatisch an Apple, an die U.S. Food and Drug Administration (FDA) sowie an Ihre Krankenkasse übermittelt wird. Dies zum Zwecke von – selbstverständlich anonymen – Analysen des Wirtschaftsgangs im Allgemeinen und Ihres Stuhlgangs im Besonderen. Wer den Geschäftsbedingungen nicht zustimmt, muss auf Wasser verzichten, was das High-End-Dusch-WC umgehend unbrauchbar macht. Auf ihrer Website demonstriert aQwell übrigens in einem Filmchen, wie bemerkenswert «locker und lässig» man die Spülung via Smartphone betätigt.

Tablets und Smartphones mittels Gesässabdruck entsperren

Angesichts der vielen Vorteile für die Hinterteile bleibt nur eine Frage offen: Wie hat es die Menschheit bislang geschafft, ihren Allerwertesten auch nur annähernd rückstandsfrei zu säubern mit WCs ohne Anbindung ans Internet?

Bereits hat Apple an der letzten CeBIT angekündigt, das Entsperren der nächsten Generation von iPhone und iPad mittels Gesässabdruck zu ermöglichen. Dieser ist so einmalig wie ein Fingerabdruck und, falls konsequent sauber und instand gehalten sowie gut belüftet, weitgehend fettfrei.

Doch auf was aQwell wirklich stolz ist – zu Recht! – und was die Kundschaft vollends überzeugen wird, sind die Komfortfunktionen von iStuhl. Das bedeutet zum Beispiel: bequem vorgefertigte Tweet-Bausteine: «@kaktus hat soeben 675 Gramm an urmenschlichem Bedürfnis die Kanalisation hinuntergespült» oder «@darmstadt ist wieder mal mächtig am Drücker» oder «Liebe Follower – schaut euch auf Instagram meine frische Schüssel Brownies an. #Eatenfoodcontent.» Oder, auf Foursquare: «MaxMist hat soeben auf dem stillen Örtchen eingecheckt.» Das Gewicht des Stuhlgängers wird vollautomatisch vor und nach dem Geschäft gewogen, gespeichert, als Infografik aufbereitet und umgehend auf Facebook veröffentlicht. Statt «I like» erwägt Facebook als weitere Kategorie «I shit» einzuführen.

Entschleunigung und Entleerung finden zusammen

Ein Herd lässt sich mit Android steuern.

Nicht nur das WC – auch der Herd wird smart und lässt sich mit Android steuern.
(Quelle: Blick)

Als das iPad auf den Markt kam, räumte ihm kaum jemand eine Chance ein. Der App iStuhl in Verbindung mit aQwell dürfte es gleich ergehen. Noch wird diese Kombi belächelt. Experten, Kanalarbeiter und Trendscouts aber sind überzeugt, dass das WC 2.0 eine Scheisskraft entfalten wird. Sie prognostizieren: In wenigen Monaten wird niemand mehr das schicke Teil missen und in ein herkömmliches pissen wollen. aQwell, das ist der Vorreiter, ja nachgerade der Vorscheisser einer neuen Bewegung: Social S(h)itting.

aQwell führt die neueste Technik mit dem frisch erwachten Sehnen des Menschen nach Romantik, Entschleunigung, Entleerung, Geselligkeit und Geborgenheit zusammen. Bald schon werden wir uns ins alte Rom zurückversetzt wähnen, wo die Bürger nebeneinander auf der Latrine sassen und an diesem dannzumal noch lauten Örtchen ihre sozialen Kontakte pflegten. Wo der Mensch sich befreit und entleert, da kann er auch frei von der Leber und vom Darm reden. iStuhl, das ist die erste wahre soziale App, bringt sie doch Menschen wirklich zusammen: iStuhl, das ist Social Media nicht nur auf, sondern vor allem mit dem WC. Die Privatsphäre ist ein Konzept der Vergangenheit; aQwell hat den Trend erkannt und rechtzeitig in ihre Keramikschüsseln aufgenommen, die zu allen Stilrichtungen passen und den anatomischen Gegebenheiten vollumfänglich Rechnung tragen. Hier endlich findet der Begriff Klommunikation, den die Texter der Werbeagentur Face AG erfunden haben, zu seiner wahren Bestimmung.

Der Schritt hin zum papierlosen WC

Zahnbürsten-Aktivitäten mit dem Handy aufzeichnen.

Noch mehr Internet der Dinge: Das Handy wird zum Aufzeichner der Zahnbürsten-Aktivitäten. (Quelle: Blick)

Und so schliesst sich der Kreis: Nicht nur werden wir bald auf der Nase eine Brille von Google tragen, vielmehr werden wir dazu auch auf einer Brille von aQwell sitzen. Schon jetzt darf der Texter, ohne Prophet zu sein, vermuten: Der Brille gehört die Zukunft. Bald könnte aQwell gar zur Pflichtausstattung jedes Haushalts werden, trägt es doch zu unser aller Sicherheit bei. Dank iStuhl nämlich weiss auch die NSA frühzeitig Bescheid, wenn jemand plant, heimlich eine Stinkbombe von vernichtender Kraft herzustellen.

Die wahre Revolution jedoch, die steht uns noch bevor: In Verbindung mit dem biegbaren Display neuer Tablet-Generationen wird iStuhl das WC-Papier auch bei der herkömmlichen Toilette ersetzen. Damit machen wir den letzten grossen Schritt hin zum papierlosen WC. So einfach wird es sein: Nach jeder Benutzung als flauschiges Papier halten Sie Ihr Tablet einfach unter den Wasserhahn, föhnen sich und es – und schon sind Sie bereit für Ihre weiteren stinkwichtigen Unternehmungen, die Sie mit dem Internet der Dinge geplant haben. Zum Beispiel Erdbeerjoghurt bestellen lassen.

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