Kategorie: VOLLRAUSCH

Marlboro-Mann brabbelt wirres Zeugs in seinen Bart

Es ist ja schon ein Weilchen her, aber Sie erinnern sich: Als der Marlboro-Mann noch durch die Werbewüsten dieser Welt ritt, tat er, was Männer tun müssen. Mit seinem Lasso fing er herdenweise Mustangs, Bullen und Raucherinnen* ein, genoss die Weiten des Monument Valley, trug Flanellhemden, Sporen und Chaps über den Jeans, die das Augenmerk auf die richtige Stelle lenkten – und mitten im Gesicht einen kernigen Schnauz. Ja, manchmal war er sogar glatt rasiert, sodass für jedermann klar erkennbar war, dass er alles andere als unter Raucherhaut litt (mehr dazu hier).

Marlboro-Man. Kernig, mit Schnauz.

Marlboro-Man. Kernig, mit Schnauz.

Tempi passati. Der Mann musste zusammen mit seinem Kollegen von Camel abdanken. Der Grund dafür: Die beiden schafften es nicht mehr, mit ihren zittrig gewordenen Fingern (Rauchergicht?) ein Streichholz an der Sohle ihres Stiefels, der wiederum am längst steifen (Raucher-?)Bein festklebte, zu entfachen.

Marlboro-Man, glatt rasiert.

Marlboro-Man, glatt rasiert.

Marlboro-Man war gezwungen, in Rente zu gehen. Ein Mann, gebrochen wie sein Zündholz. Heute geht es ihm schlecht. Sehr schlecht. Es geht ihm geradezu miserabel. Er lässt sich gehen. Seine Mutter berichtet, er rasiere sich kaum mehr. Aus dem einstmals stolzen Mörderschnauz sei ein wirres Bartgeflecht geworden, und genauso wirr sei das Zeugs, das er brabble. Zum Beispiel, dass Maybe nicht in seinem Dictionary stehe. Sie jedenfalls habe keine Ahnung, was er damit meine. Wir auch nicht, liebe Mutter Marlboro, wir auch nicht, seien Sie wenigstens in dieser Hinsicht beruhigt.

Marlboro-Man redet wirres Zeug.

Mutter Marlboro sollte ihren Sohn zurück in die Wüste schicken.

Unser Rat von Mann zu Marlboro-Mann bzw. zu seiner Mutter, die noch immer die Zügel ihres Sohnes in der Hand hält: Lassen Sie ihn aus seinem Gefängnis in der Grossstadt raus! Gönnen Sie ihm einen neuen Texter. Ziehen Sie ihm ein frisch gebügeltes Flanellhemd an, schicken Sie ihn zum Barbier und danach zurück in die Wüste. Bestimmt fühlt er sich schon bald viel besser. Und wenn er lieb ist, darf er sich zur Belohnung eine Zigarette anzünden. Maybe, wenn Sie wissen, was das heisst.

Nachtrag: In Deutschland verlangten Experten ein Verbot der Maybe-Kampagne. Das Landratsamt München erliess im Oktober 2013 ein bundesweites Verbot. Philip Morris kämpft dagegen. Siehe dazu diesen Artikel im Spiegel.

 

* Dass es Raucherinnen und nicht etwa Raucher sind, die Marlboro ursprünglich anpeilte, erfahren Sie hier – und von hier stammt auch Bild Nr. 1: http://tohell-andback.blogspot.ch/2011/10/marlboro-man.html

Bild Nr. 2 stammt von hier: http://www.gla.msstate.edu/mmsoc/subliminal/

Bild Nr. 3 wurde vom Texter persönlich fotografiert.

 

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Seele für eine Handvoll Kaffeekapseln verkauft

In der Reihe «Slogans, die man erklären muss» ist ein interessanter Aspekt aufgetaucht. Da kommt eine Kaffeekapselmaschine auf den Markt, die lebt – und zwar nicht irgendwie, sondern wie du und ich: «The U lives like you», lautet der – wohlverstanden in der Schweiz und Deutschland verwendete – Werbeslogan zur neuen Nespresso-Maschine U. Bei der Namensgebung der Maschine ist noch alles klar: Sie sieht aus wie ein U und heisst darum auch U. Schwieriger zu verstehen ist der Slogan, und bald schon fragt sich der Leser: «Die U lebt wie ich? Was meinen die bloss damit? Habe ich da was falsch verstanden?»

Antiquitext - Volltext - Werbetexte - Nespresso

Das Tamagotchi für Erwachsene: Die Maschine lebt! Nicht irgendwie, sondern wie ich.

Die Antwort ist: Da wurde kein Jota und auch kein U falsch verstanden. Es ist ihr heiliger Ernst – die U lebt! Wie ich! Jedenfalls, wenn es nach der Kreativagentur von Nespresso ginge. Dazu ein kleiner Exkurs: Zum Thema «Falsch verstandene Werbeslogans» gibt es spannende Untersuchungen und Erkenntnisse. Näheres dazu findet man zum Beispiel in diesem Artikel von Spiegel online: Denglisch in der Werbung: Komm rein und finde wieder raus.

In ihren Untersuchungen über englische Werbeslogans im deutschen Sprachraum stellte eine Dortmunder Diplomandin beim Werbeslogan «Come in and find out» für die (deutsche) Parfümeriekette Douglas fest, dass der Durchschnittsbürger diesen so versteht: «Komm rein und finde wieder heraus». Was beste Werbung fürs Geschäft ist. Oder dieser hier von Mitsubishi: «Drive alive». «Fahre lebend», verstanden viele Befragte …

Nespresso hat aus diesen Fehlern der Vergangenheit gelernt. Als Seele des Kaffees weiss die Firma, wo man den Menschen am besten packt – bei seinem Leben. Damit dieser Mensch auch wirklich versteht, dass es hier um seine Seele geht, die er für eine Handvoll Kaffeekapseln verkauft, liefert Nespresso konsequenterweise mit der Bedienungsanleitung der Maschine die Bedienungsanleitung zum Slogan gleich mit: «The U lives like you» wird in den Inseraten für die Nespresso-Maschine U mit einem Sternchen versehen und für alle des Englischen Unkundigen übersetzt: «U lebt wie Sie».

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Nicht nur die Maschine, nein, auch der Slogan dazu braucht eine Bedienungsanleitung.

Es ist zweifellos eine lobenswerte Praxis, zu versuchen, einen unverständlichen Slogan verständlicher zu machen. Bleibt die Frage, warum er nicht gleich ausschliesslich in Deutsch niedergeschrieben wurde. Man kann es sich nur so erklären: Nespresso kriegte trotz heissen Kaffees kalte Füsse und erschrak ob der Aussage ihres Slogans, als sie ihn deutsch auf weiss vor sich hinwelken sah. Die Firma empfand die nackte Übersetzung ohne des Kaisers neuenglische Textkleider als ungefähr so befremdend wie englische Liedtexte, die ins Deutsche übersetzt werden.

Fazit: Man hätte es auch bei «The U lives like you» belassen können. Dann würde der gemeine Leser noch heute darüber rätseln, ob nun er zu blöd ist, um den Slogan zu verstehen, oder der Slogan zu blöd, um von ihm verstanden zu werden.

 

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